Zusammenarbeit trotz Konkurrenz

TV-Gipfel: Erlöse unter Druck – Wer bezahlt das Premium-Programm von morgen

Die Werbekonjunktur ist eingebrochen, das Abo-Wachstum hat sich abgeschwächt, die Erhöhung des Rundfunkbeitrags ist umstritten. Die Branche reagiert auf diese Herausforderungen mit mehr Zusammenarbeit zwischen den Konkurrenten. So lautet das Fazit der Diskussion von Produktions-, Programm- und Plattformverantwortlichen beim TV-Gipfel der MEDIENTAGE MÜNCHEN.

„Die großen Zeiten sind überall irgendwie zu Ende“, bilanzierte Dr. Sylvia Rothblum, die erst vor kurzem aus dem Management von Warner Bros. Entertainment zur deutschen Produktionsfirma Ziegler Film gewechselt ist. Gleichzeitig zeigte sie sich zuversichtlich angesichts der schon stattfindenden Kooperationen. Sie verwies darauf, dass 2024 aufgrund der Streiks in den USA weniger amerikanische Produkte verfügbar sein werden. Es werde spannend zu beobachten, ob das deutschen Produktionen neue Möglichkeiten eröffnen könnte.
„In der Zusammenarbeit liegt die Zukunft“, sagte Eun-Kyung Park. Die Chefin für das Deutschland-Geschäft von Disney gab sich betont positiv kämpferisch: „Wir hatten das beste Kinojahr ever, auch unser TV-Sender hatte Traumquoten.“ Ab nächster Woche starte zudem Disney+ mit Werbung. Sie sei offen für Koproduktionen jeglicher Art, betonte Park. Eigene deutsche Inhalte seien für Disney weiterhin wichtig: „Du brauchst einen lokalen Anker, sonst bist Du nur ein amerikanischer Abspielsender“.

Klare Programmmarken machte Inga Leschek als entscheidenden Faktor für den anhaltenden Erfolg von RTL und der Streaming-Plattform RTL+ aus, für die sie seit März als Programmgeschäftsführerin tätig ist. „Wir sind am stärksten, wenn wir uns auf unsere eigenen Marken besinnen“, sagte sie im Hinblick auf Formate wie „GZSZ“ oder „Let´s Dance“. Diese funktionierten sowohl linear als auch im Streaming. Natürlich sei der Werbemarkt schwierig, doch sie sei zuversichtlich, dass, wenn das Programm stimme, die Werbekunden reichweitenstarke Formate goutieren würden. Es sei allerdings extrem schwierig, neue Marken zu etablieren. Die TV-Programme am Nachmittag funktionierten auch deshalb so gut, weil RTL wieder zu Scripted-Reality-Shows zurückgefunden habe. „Die Macht des Bekannten hat einen hohen Stellenwert in Deutschland“, erklärte Leschek.

Das bestätigte Henrik Pabst, Chief Content Officer und Geschäftsführer der Seven.One Entertainment Group. „Wir haben kein leichtes Jahr gehabt“, räumte er im Hinblick auf die schwachen Zahlen des Senders SAT.1 ein, bei dem gestern aber erfolgreich die zehnte Staffel der Show „The Taste“ gestartet ist. Letztere treffe sehr gut die Zielgruppe von Frauen im Alter zwischen 40 und 64 Jahren. In diese Richtung baue man kontinuierlich die Programmgestaltung weiter aus in Richtung Quiz, Food-Kosmos, „echtes Leben“ und Reality Shows. ProSieben habe sich erfolgreich als Angebot für die junge Zielgruppe etabliert. Und die Überschneidungen zwischen den Erfolgen von Sendungen auf ProSieben und der Streaming-Plattform Joyn seien immens.

Pabst plädierte für mehr Zusammenarbeit auch zwischen Streaming-Plattformen. Produktionen seien in Deutschland zu teuer. Um Koproduktionen zu refinanzieren, solle man kürzere Ausstrahlungsfenster für alle Mitproduzenten einräumen. Synergieeffekte versuche seine Sender-Gruppe nun mit MediaForEurope umzusetzen, dem niederländischen Unternehmen, das von der italienischen Holding Fininvest kontrolliert wird und vor allem in Italien und Spanien Privatfernsehprogramme anbietet. Diese Zusammenarbeit betreffe jedoch in erster Linie Verwaltungsangelegenheiten, bestätigte Katharina Behrends, General Manager für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei MediaForEurope. Seit Juni 2023 ist sie auch Mitglied des Aufsichtsrats der ProSiebenSat.1 Media SE. Programmautonomie müsse immer lokal in den Märkten bleiben. Sie forderte allerdings eine Angleichung der Messsysteme in den einzelnen Ländern, die wichtig für die Werbeplatzierungen seien. Um Vergleichbarkeit zu schaffen, müsse sich das ändern, sagte Behrends.

Andreas Briese, Regional Director bei YouTube, erklärte, warum sich die Video-Plattform von eigens produzierten Inhalten verabschiedet hat: „Die Strategie für YouTube Premium hat sich verändert. Wir setzen jetzt auf Werbefreiheit.“ Regionalität spiele aber auch für sein Unternehmen eine große Rolle: Neun der zehn meistgesehenen Videos in Deutschland stammten von deutschen YouTubern, obwohl die Plattform ja weltumspannend sei. Das Ziel sei in Zukunft nicht, eine Alternative zu Sendern und Streamern zu sein, sondern eine Plattform für alle Inhalte und Formate. Briese verwies zudem auf die Fan-Communities, die sich zu etablierten Medienformaten auf YouTube entwickelt haben.