KI schafft Freiräume, kennt aber keine menschliche Perspektive

Mehr als KI: Wenn Nachrichten über den Tag hinaus wirken. Aus der Werkstatt der Theodor-Wolff-Preisträger:innen 2023

Im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN haben Preisträger:innen des Theodor-Wolff-Preises 2023 Effizienzgewinne für die journalistische Arbeit durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) herausgestellt. Sie waren sich darüber einig, dass der durch KI gewonnene Freiraum für das eingesetzt werden müsse, was KI nicht könne, nämlich aus menschlicher Perspektive für Menschen zu schreiben.

Die Diskussionsrunde wurde vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger und dem Verband Bayerischer Zeitungsverleger organisiert.

Politik-Redakteurin Dunja Ramadan von der Süddeutschen Zeitung erklärte, dass das Casting der Protagonisten, die für das Erzählen einer Geschichte wichtig seien, nicht durch den Einsatz von KI geleistet werden könne. „Welche Leute zu Wort kommen, die richtigen auszusuchen, um verschiedene Perspektiven zu einem Thema aufzuzeigen“, das sei ein Kriterium für Qualitätsjournalismus, das KI nicht leisten könne.

Julia Ruhnau, Redakteurin bei den Nürnberger Nachrichten, bestätigte, dass es wichtig sei, „mit den Sachen, über die man berichtet, in Kontakt zu kommen“ und Menschen über Monate zu begleiten. Man müsse wissen, welche Auswirkungen bestimmte Ereignisse, über die Journalist:innen berichten, auf betroffene Menschen haben. „Wie ist das für die Menschen? KI stellt diese Fragen nicht“, führte Ruhnau weiter aus.

Simon Koenigsdorff, Redakteur bei der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten, sagte, dass „Geschichten mit der Lebensrealität von Menschen im Lokalen, vor Ort“ zu tun haben müssten, damit ein Text für Leser:innen interessant sei. Als Beispiel nannte Koenigsdorff das Projekt „Klimazentrale“, in dem er für die Stadt Stuttgart „die Veränderungen des Wetters vor der Haustür im Vergleich zu den vergangenen dreißig Jahren“ visualisiert habe. Für die gründliche Analyse sehr großer Datensätze sei die KI sehr hilfreich und unterstützend gewesen. Dadurch sei ein Effizienzgewinn entstanden, den er für tiefergehende Recherchen zu dem Thema habe nutzen können. An dem Projekt hat auch Dr. Jan-Georg Plavec, leitender Redakteur für Datenjournalismus und Datenprojekte bei der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten, mitgearbeitet. Er ergänzte, dass KI an der Idee gescheitert wäre, zu visualisieren, was das Wetter vor der Haustür über den Klimawandel erzählt. KI unterstützte bei dem Projekt „Klimazentrale“ die journalistische Arbeit, in dem sie „die Analyse großer Datensätze zum Klima beschleunigte“, sagte Plavec. „Aber die Geschichte sehen, den Spürsinn dafür zu haben, das kann KI nicht.“