Medien als Mittler in Transformationsprozessen

Medien als Treiber sozialer Kipp-Punkte

Gesellschaftliche Debatten führen im Zeitalter der Multikrisen zunehmend zur Polarisierung der Gesellschaft. So werden Konflikte geschürt, während konsensuelle Lösungen immer schwerer auszuhandeln sind. Unabhängige Medien könnten nach Ansicht von Prof. Dr. Maja Göpel einen Ausweg aus diesem Dilemma ermöglichen, wenn sie als sogenannte vierte Gewalt Transformationsprozesse klug begleiten.

„Wie über Demokratie berichtet wird, ist teilweise ein Gladiatorenkampf“, sagte Göpel während der MEDIENTAGE MÜNCHEN. In Politik und Berichterstattung gehe es zu oft darum, wer sich in der Debatte durchsetze, nicht um die Lösungen und den Weg dorthin. Dabei müsse in einer Demokratie die Botschaft lauten: „Wir haben die Größe, Regeln zu machen, mit denen alle etwas gewonnen haben.“ Über die Rolle der Medien in einer sich rasant verändernden Welt diskutierte die Transformationsexpertin mit dem Journalisten Richard Gutjahr.

Angesichts von Krisen, Kriegen und Konflikten nähere sich das gesellschaftliche Klima sozialen Kipp-Punkten, beschrieb Gutjahr die aktuelle Lage. In dieser Situation die „demokratische Handlungsfähigkeit“ zu erhalten, sagte Göpel, hänge davon ab, ob die Gesellschaft es schaffe, gemeinsame Antworten auf die Transformation zu finden. „Medien spielen dabei eine große Rolle“, betonte die Wissenschaftlerin: Wie darüber berichtet wird, dass Veränderung stattfindet, beeinflusse, in welche Richtung sich die Transformation entwickelt. So sei beim Thema Klimawandel, mit dem sich die Politökonomin, Transformationsexpertin und Autorin vor allem auseinandersetzt, schnell das Framing „Verzicht und Verbote“ aufgegriffen worden, statt die Frage zu stellen, was Wohlstand eigentlich bedeute. Außerdem seien manche Verbote durchaus sinnvoll, sagte Göpel: Nämlich dann, „wenn lernende Impulse nicht ausreichen“. Über diese Versuche, Transformation zu bewältigen, werde aber kaum berichtet. Stattdessen beschleunigten Aufmerksamkeitsökonomie und Verstärkerschleifen in Social Media und deren Einfluss auf die Medienberichterstattung das Gefühl, „die Gesellschaft wird eine egoistischere“.

Von den Medienverantwortlichen wünscht sich Maja Göpel daher eine klare Haltung zur gesellschaftlichen Aufgabe, unabhängig zu informieren. Wichtig sei außer einer Metadiskussion über diesen Auftrag, mit Fakten aufzukläreen und einen Beitrag zur Demokratiesicherung zu leisten. Ähnlich wie in der Wissenschaft, sagte Göpel, gehe es im Journalismus darum, zu beobachten, zu sortieren, Muster zu benennen, zu informieren und Optionen ebenso wie Folgen und Gefahren von Prozessen aufzuzeigen: „Lasst uns Banden bilden und dafür stehen.“