KI als Wachstumstreiber für Publisher

Die Zukunft im Publishing – Daten und KI schaffen neue Erlöse

Daten und Künstliche Intelligenz (KI) helfen Publishern, neue Geschäftsfelder zu erschließen – und zwar nicht nur im Bereich Redaktion, sondern auch in der Produktion, in der Produktentwicklung, im Vertrieb und in der Vermarktung. Digitale personalisierte Produkte, neuartige Publishing-Plattformen, nach Kündigungswahrscheinlichkeiten optimierte Abo-Modelle und auf Basis von KI arbeitende Sales-Einheiten sind nur ein Teil der Möglichkeiten, die aus KI-Algorithmen resultieren. Welche dieser Optionen für Publisher erfolgversprechend sind und welche Hürden dabei zu nehmen sind, darüber wurde im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN diskutiert.

Viele Medienunternehmen möchten am Wachstum durch KI teilhaben. Doch sind sie wirklich „KI-ready“? Dieser Frage ging Catherin Hiller, Managing Director von The Data Institute der Funke Mediengruppe, in ihrem Impulsvortrag nach. Aufschluss darüber, ob sich Unternehmen bereits in die KI-Transformation begeben haben, liefert laut Hiller das „Magische Dreieck für Wachstum durch KI“. Es beinhaltet die drei Säulen Architektur, Organisation und Kultur und damit Fragen wie: Wie verwertbar und sicher werden Daten vorbereitet und bereitgestellt? Wie klar sind Prozesse für Business Cases und Verantwortlichkeiten geregelt? Wie realistisch wird in technische und humane Ressourcen investiert? Liefert das Management eine überzeugende und vertrauensstiftende Unternehmens-Vision? Nach Angaben von Hiller gibt es unter den Publishern bereits viele, die mit Experimentierfreude an das Thema herangehen und bereits einige Projekte in den unterschiedlichsten Bereichen umgesetzt haben.

So setzt die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) Künstliche Intelligenz bereits im Leser:innenmarkt ein, und zwar für die Abonnent:innenbindung. „Unsere Leserschaft ist im Durchschnitt siebzig Jahre alt“, erklärte Stefan Buhr, Chief Sales Officer und Leiter des Bereichs Product & Sales bei der FAZ, in seinem Impulsvortrag. „Es ist für uns also enorm wichtig, zusätzlich digitale Erlöse zu generieren.“ Mit einem eigenen KI-Projekt versucht die FAZ, abwandernde Kunden zu binden: Basierend auf verschiedensten Datenpunkten errechnet das System eine Stornowahrscheinlichkeit von 0 bis 100 Prozent. Dieses Ergebnis wird für Vertriebsaktivitäten verwendet. Auch im Bereich Kundenzufriedenheit setzt die FAZ auf Kollege Computer. Täglich werden unzählige Telefonate, die eingehen, in Echtzeit transkribiert – sofern die Anrufenden dazu ihre Erlaubnis geben. So soll erkannt werden, was die Gründe für die Unzufriedenheit sind. Beispiel: „Das Log-in funktioniert nicht.“ In solchen Fällen kann die Technik sofort reagieren. Oder: „Wir wünschen uns mehr Tiefgang beim Thema Klimawandel.“ Dann ist die Redaktion gefragt. „So erfahren wir in Echtzeit, was die Wünsche und Beschwerden der Leserschaft sind“, erklärte Buhr.

Auch Elisabeth Varn, Geschäftsführerin des Burda Verlag, sieht im Vertrieb den größten Impact. „Wir verfügen über große Datenmengen und können dank der KI daraus Trends erkennen“, sagte die Managerin. Sie wies gleichzeitig auf ein Problem hin, das alle Publisher kennen: das der rechtlichen Rahmenbedingungen. „Das ist in diesem Feld am schwierigsten zu lösen“, erklärte Varn. Außerdem gehe es darum, die Mitarbeitenden zu befähigen, mit generativer KI zu arbeiten. „800 von ihnen nutzen bereits die ChatGPT-Pro-Version“, berichtete Varn.

Bei RTL Deutschland, wo 300 Datenexpert:innen beschäftigt sind, wird derzeit viel im Bereich Paid Content, E-Coaching und Social Commerce ausprobiert, wie Carina Laudage, Geschäftsführerin Gruner + Jahr, RTL Deutschland, erklärte, die für Gruner + Jahr Deutschland sprach. Sie hatte ein paar Beispiele mitgebracht, wie die KI bei der Content-Erstellung eingesetzt wird: So wurde etwa versucht, auf Brigitte.de Rezepte so umzuwandeln, dass sie auch für Vegetarier:innen und Veganer:innen zu nutzen sind. „Das hat nicht funktioniert“, räumte Laudage ein. Erfolgreicher sei ein entsprechendes Experiment mit Chefkoch.de gelaufen. Bei den von Nutzer:innen eingesandten Rezepten seien die Fotos häufig unbrauchbar oder fehlten ganz. In solchen Fällen helfe die KI mit künstlich erzeugten Rezeptbildern weiter.
Einigkeit herrschte bei den Teilnehmenden der Panel-Diskussion, dass die KI ein Hilfsmittel sein sollte – und keinesfalls die Redakteure und Redakteurinnen ersetzen. „Wir verlieren sonst an Relevanz und verspielen das Vertrauen unserer Leserschaft“, betonte Stefan Buhr.