Grüne Werbung: Fakten statt Greenwashing
Nachhaltigkeit: Kein vorübergehendes Phänomen
Inflation, Rohstoffmangel und Lieferengpässe sind aktuell zentrale gesellschaftsrelevante Themen. Wie wirkt sich die aktuelle Situation auf das Thema Nachhaltigkeit aus?
Schließlich haben sich etliche Werbungtreibende „grün“ positioniert und ihre Werbung und Produkte entsprechend ausgerichtet. Wie sind Nachhaltigkeit und ‚grüne‘ Werbung zeitgemäß und bleibt glaubwürdige nachhaltige Kommunikation auch in Zeiten der Krise ein wertvolles Markengut? Darüber haben Expert:innen im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN diskutiert.
„Es wird immer mehr Bio gekauft, die Gewinner sind aktuell die Supermärkte und Discounter mit ihren Bio-Eigenmarken. Der Anteil an Bio-Supermarkt-Einkaufenden wächst nicht mit, es gibt also Verschiebungen in den Absatzschienen“, berichtete Catherin Ann Hiller. In ihrem Impulsvortrag lieferte die Geschäftsführerin der Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung (GIK) und Leiterin Strategic Marketing bei der Funke Mediengruppe Insights aus aktuellen Best-for-Planning-Studien. Das Thema grüne Werbung habe noch Konjunktur: „Gut gemachte grüne Werbung konnte sich schon vor Corona gut durchsetzen, hat während der Corona-Pandemie Verstärkung erfahren und trotzt bis heute der Kostenkrise“, sagte Hiller. Insgesamt seien Haltung und „Purpose“ für die Menschen wichtige Markenwerte.
„In bisherigen Krisen war das Thema Nachhaltigkeit schnell aus Medien und Politik verschwunden. Das sehen wir dieses Mal nicht, es gibt keinen Backflash“, konstatierte Dr. Meike Gebhard, Geschäftsführerin des Nachhaltigkeitsportals Utopia. Gefährlich sei allerdings vielfach die Kommunikation. Bei Nachhaltigkeit gebe es häufig Saisonthemen – ein Jahr: Plastik im Meer, im nächsten: Tierwohl etc. Als weiteres Beispiel nannte sie das Etikett „klimaneutral“ auf vielen Produkten. Laut einer Umfrage von Utopia vertrauten zwischenzeitlich die Hälfte der Befragten der Kennzeichnung nicht mehr, knapp ein Drittel mehr als im Vorjahr. Solche „Aushöhlungen“ müssten vermieden werden. Außerdem sollten Unternehmen nicht, „kleine Erfolge zur Rettung der Welt hochstilisieren“ (Greenwashing). Es gehe um langfristige und ganzheitliche Planungen, „und es geht in erster Linie um Vermeidung, aber auch Reduktion und Kompensation“, betonte Gebhard.
„Wir können die Dinge nur langfristig verändern, Unternehmen brauchen eine Nachhaltigkeitsstrategie und keine Einzelmaßnahmen“, sagte auch Holger Thalheimer, Chief People & Culture Officer bei der Omnicom Media Group Germany. Im Mittelpunkt des Handelns müsse es immer um das Einsparen gehen. Das betreffe auch das Marketing. Es gehe darum, ein Bewusstsein zu schaffen, dass jedes Gewerk, in dem CO2 emittiert werde, seinen Beitrag leiste. Grüne Werbung funktioniere am besten, wenn sie transparent sei und aus der echten Überzeugung heraus entstehe, „dass wir Menschen und der Planet eine Veränderung brauchen“. In diesem Sinne, so waren sich alle Beteiligten einig, seien alle gefordert: die Politik mit Rahmenbedingungen, die Hersteller und Erzeuger, die Verbraucher, der Handel und auch die Medien. Der Druck müsse von allen Seiten kommen.