Regulierung, Strafverfolgung, Expertise und Mut

Social Media und Hass im Netz – Mit Haltung gegen Rechtsextremismus und Demokratie-feindlichkeit

Weil viele Inhalte in sozialen Online-Netzwerken anonym publiziert werden können, lassen sich Beleidigungen, Verleumdungen, üble Nachrede oder Volksverhetzung in vielen Fällen strafrechtlich nicht verfolgen. Aus diesem Grund haben im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN Expert:innen gefordert, digitale Plattformen stärker zu regulieren. Mehr Expertise zu digitalen Kommunikationsräumen bei den Mitarbeitenden der Strafverfolgungsbehörden sei ebenfalls notwendig, um Betroffene von rechter Gewalt im Internet besser zu schützen. Außerdem forderten die Teilnehmenden der Podiumsdiskussion mehr Mut der Nutzer:innen, um gegen rassistische, diskriminierende und demokratiefeindliche Inhalte und Angriffe „laut“ zu werden.

Diskriminierende Äußerungen sind nicht die Meinung aller Menschen

Fabian Grischkat ist Content Creator und informiert via Social Media täglich über relevante Themen aus den Bereichen Nachhaltigkeit/Klimaschutz und LGBTQ+ Rights. In einem Impulsvortrag stellte er seine Erfahrungen mit Hass-Posts aus rechtsextremistischen Kreisen gegen ihn als einem „Angehörigen der queeren Minderheit“ dar. Er habe sich erst darüber klar werden müssen, dass die diskriminierenden Äußerungen nicht die „Meinung aller Menschen“ darstellten. Mit Screenshots habe er die Posts zunächst dokumentiert. Das Problem habe dann darin bestanden zu eruieren, welche „Äußerungen justiziabel seien und vor Ge-richt Bestand hätten“, stellte Grischkat fest.

Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin der HateAid gGmbH, die Betroffene von Online-Beleidigungen und -Bedrohungen berät, erklärte, dass bei solchen Hassattacken nicht „das Thema angegriffen wird, sondern die Person als Projektion“. Es sei sinnvoll, Screenshots von den „Hassposts“ zu machen, um die Vorgänge zu dokumentieren. „Mit Uhrzeit und Datum haben sie vor Gericht Bestand“, führte sie weiter aus.

Das Internet ist ein Wilder Westen

Warum es Hass im Internet gibt, erklärte Grischkat im weiteren Verlauf der Diskussion damit, dass „sich die Sprache generell verroht“ habe und „die Hemmschwelle im Netz niedrig“ sei. „Das Internet ist immer noch ein Wilder Westen, obwohl es kein rechtsfreier Raum ist“, kritisierte Grischkat. Von Hodenberg ergänzte, dass die Strafverfolgungsbehörden bestehende Gesetze wie zum Beispiel das Digitale-Dienste-Gesetz schneller und zuverlässiger umsetzen müssten. „Dazu benötigen die Behörden mehr Personal und mehr Expertise dar-über, wie illegale Inhalte schneller entfernt werden können“, empfahl sie. Von Hodenberg monierte, dass in der Politik das „Bewusstsein“ fehle, „nicht nur Brände zu löschen“, sondern „Applikationen vor ihrer Anwendung auf ihre Auswirkungen auf Diskriminierung zu prüfen“. Dafür müssten von der Politik Vorschriften geschaffen werden. Betroffene von „Angriffen durch rechtsradikale Hassposts“ sollten sich wehren und „ihre demokratische Haltung äußern“, forderte von Hodenberg.