Nah, näher, Live-Podcast
Live-Podcasting: Vom Studio auf die Bühne
Wie verändern Live-Podcasts auf großen Bühnen das Medium? Welchen Mehrwert bieten solche Formate für die Marken, und in welchem Verhältnis stehen dabei Aufwand und Nutzen?
Mit diesen Fragen haben sich während der MEDIENTAGE MÜNCHEN die Teilnehmerinnen eines Podiumsgesprächs zum Thema Live-Podcasts auseinandergesetzt.
Sarah Berg-Türkis, Audio Lead beim Zeitverlag Gerd Bucerius, berichtete über die soeben zu Ende gegangene „Zeit Verbrechen“-Tour. Selbst für ein so großes Verlagshaus wie das ihre sei die Resonanz unerwartet hoch ausgefallen. Bei vier Veranstaltungen konnten große Event-Hallen mit mehreren zehntausend Zuschauer:innen gefüllt werden. Zwar seien solche Bühnen-Events mit hohen Kosten verbunden, die erzielte Nähe zum Publikum, die Möglichkeiten der crossmedialen Vermarktung und die Ansprache neuer Zielgruppen machten das Format aber äußerst interessant. „In Zeiten von KI-generierten Inhalten sehnen sich die Menschen nach Qualitätsjournalismus und echten Gesichtern, die hinter den Themen stehen.“ Natürlich stehe aber hinter jedem Live-Podcast auch ein Geschäftsmodell, um Abonnements für kostenpflichtige Podcasts oder die Printausgabe der Wochenzeitung Die Zeit zu generieren.
Auch ihr Unternehmen investiere in den Markt der Live-Podcasts, sagte Laura Høj, Head of Marketing beim international agierenden Podcast- und Hörbuchanbieter Podimo. Im Moment setze man noch auf eher kleinere Formate, denke aber bereits an die Zukunft und eine weitere Diversifizierung. Podimo gehe es dabei vor allem um „Community Engagement“, also die Einbindung der Kunden in besondere Formate. Dazu arbeite man mit Kreatoren zusammen, die diese Live-Events auch über eigene Kanäle ausspielen. „Uns geht es letztlich um Markenbekanntheit, die durch diese Form der Veranstaltungen ausgezeichnet erreicht werden kann“, sagte Høj.
Inwiefern aber lassen sich Live-Podcasts vermarkten? Anja Jeremias, Geschäftsführerin des Bereichs Strategische Partnerschaften der pilot Agenturgruppe, gab zu bedenken, dass Live-Podcasts zwar eine sehr hohe emotionale Markenbindung erzeugen können, ihre Reichweite aber begrenzt bleibe. Das Problem dabei sei häufig, inwiefern dort Native Advertising platziert werden könne. Für Medienhäuser wie Die Zeit sprechen der journalistische Anspruch und das Gebot der Trennung von Inhalten und Werbung ohnehin gegen eine weitreichendere Vermarktung im Sinne nativer Werbung. Für komplexe und erklärungsbedürftige Themen oder Produkte seien Life-Podcasts jedoch hervorragend geeignet, berichtete Jeremias: „Es werden treue und hochwertige Kunden generiert, die einem Angebot lange treu bleiben und zu Fans der Marke werden.“
Befragt nach der publizistischen Zukunft von Podcasts im Allgemeinen und der von Live-Events im Besonderen, berichtete Laura Høj von Formaten im Reality-TV-Stil. Diese Shows würden kostenpflichtig angeboten und seien deshalb frei von Werbung. Man entwickle derzeit verschiedene Ideen der Vermarktung. Beide Diskussionsteilnehmerinnen bestätigten, dass eine parallele Begleitung auf Social-Media-Kanälen eine zusätzliche Möglichkeit der Monetarisierung darstelle. Rund um die Live-Events würden sich attraktive Möglichkeiten der Markenpräsenz für Sponsoren bieten.
Nahezu alle Anbieter von Podcasts arbeiten derzeit an neuen Formen der Präsentation und der Interaktion mit dem Publikum. Das reiche von Podcasts, die als Gespräch zwischen verschiedenen Hosts konzipiert sind, über die Gründung von Podcast-Clubs, in denen ein gemeinsames Podcast-Hörerlebnis gesucht werde, bis hin zu Live-Events, bei denen die Hosts ausschließlich mit dem Publikum interagieren.