Mehr Diversität wagen

26. Forum Filmwirtschaft – Über Macht und Einfluss von Film auf die Gesellschaft

Filme und Serien haben das Potenzial, gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen, Perspektiven zu erweitern und Sensibilität zu schaffen. Das war das Resümee der Teilnehmenden einer Diskussion über den Einfluss von Film auf die Gesellschaft, das vom Forum Filmwirtschaft im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN organisiert wurde. Beispiele sowohl aus Deutschland als auch aus Hollywood gibt es zur Genüge. Aus der jüngeren Geschichte wurden beispielsweise die deutsche Serie „Sam, ein Sachse“ oder der US-Film „Oppenheimer“ genannt.

Anspruchsvolle Stoffe können wirtschaftlich erfolgreich sein

Auch die Serie „Der Schwarm“ zum gleichnamigen Bestseller von Frank Schätzing fällt in die Kategorie von Produktionen, die zum Nachdenken anregen. Im Mittelpunkt der Serie stehen geopolitische Konflikte sowie die Umwelt- und Klimakrise. Zugleich sei die Serie auch ein Beispiel dafür, dass anspruchsvolle Stoffe großen wirtschaftlichen Erfolg haben können, betonte Caroline Meichsner-Sertl, Geschäftsführerin von ZDF Studios. Für die teure Produktion holten das ZDF und Co-Produzent ndf Hamburg Partner aus Ländern wie Frankreich, Japan, Österreich und Italien ins Boot. Im Rahmen internationaler Kooperationen gelang auch der globale Vertrieb. „Es ist schwieriger geworden, so hoch budgetierte Stoffe umzusetzen und zu finanzieren“, sagte Meichsner-Sertl mit Blick auf die angespannte wirtschaftliche Lage in Deutschland. Was ihr ebenfalls Sorge bereite, sei der aktuelle Rechtsruck in den Ländern, die das Projekt mitfinanziert haben. „Wenn Regierungen nach rechts rücken, wird es schwieriger, Budgets zusammenzubringen“, sagte auch Nina Peters, Geschäftsführerin der Produktionsfirma ndf Hamburg.

Claudia Lehmann, Geschäftsführerin von Maz&Movie und Moderatorin der Panel-Diskussion, fragte in die Runde, ob man glaube, dass in den Bundesländern mit starker AfD-Präsenz künftig bestimmte Geschichten nicht mehr erzählt werden könnten. „Wer die Anhörungen im Bundestag zum Filmfördergesetz verfolgt, kommt nicht umhin, die Stellungnahmen der AfD zu hören“, sagte Christian Sommer, deutscher Vertreter der Motion Picture Association. Ihn würden diese Äußerungen sehr beschäftigen, zumal die AfD auch keinen Hehl daraus mache, was sie mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorhabe, wenn sie an die Regierungsmacht kommen sollte. „Es lohnt sich, sich das mal im Originalton anzuhören“, empfahl Sommer.

Aktuell kommt keine Diskussionsrunde zum Thema Filmwirtschaft um die geplante Reform der Filmförderung herum, für die es immer noch keinen konkreten Termin gibt. „Damit es überhaupt gelingt, im europäischen und internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben, braucht es auch faire Rahmenbedingungen“, forderte Sommer. Es sei kein Geheimnis, dass Deutschland im Vergleich zu Ländern wie Österreich, Frankreich oder Spanien nicht mehr wettbewerbsfähig sei, weil dort andere Förderangebote gelten würden. „Steueranreizmodelle würden sehr helfen“, sagte Sommer.

Mit Hilfe von KI mit weniger Geld hohes filmisches Niveau erreichen

Steigende Kosten auf der Produktionsseite und sinkende Budgets auf Senderseite – das ist keine gute Gemengelage für die Filmindustrie. Nina Peters berichtete, sie hoffe deshalb, dass sie künftig mit Hilfe von KI anders produzieren und auch mit weniger Geld ein hohes filmisches Niveau erreichen könne. Unterdessen plädierte Sommer dafür, Geschichten so zu erzählen, dass sie auch international funktionieren und damit höhere Umsätze erwirtschaften. „Wir haben inzwischen die Möglichkeit, Geschichten aus Deutschland heraus zu erzählen, die ein internationales Publikum erreichen, das vorher schwer zu erreichen war“, sagte der studierte Jurist, der die politischen Interessen der führenden internationalen Produktions- und Vertriebsunternehmen aus den Bereichen Film-, Streaming und Fernsehen in Deutschland, Österreich und der Schweiz vertritt. Film-Projekte aus Deutschland hätten die Kraft, einen Blick auf eine plurale Gesellschaft zu werfen und zu zeigen, welchen Reichtum eine diverse Gesellschaft in vielen Lebensbereichen darstelle. Gut gemachte Stoffe seien auch identitätsstiftend, ergänzte Tania Reichert-Facilides, Geschäftsführerin von Studio Hamburg Enterprises und von Onegate Media. „Serien wie „Die Zweiflers“ zeigen im internationalen Ausland, dass Deutschland nicht nur für Berge und den zweiten Weltkrieg steht“, hob die Onegate-Media-Geschäftsführerin hervor, deren Unternehmen im Medien-vertrieb und als Kofinanzier für Programm tätig ist.

Politische und gesellschaftspolitische Themen beschäftigen auch den deutschen Film-Nachwuchs. Aelrun Goette, Regisseurin und Autorin, die zugleich Honorarprofessorin für Schauspiel, Dramaturgie und Regie an der Filmuniversität Babelsberg ist, berichtete darüber, dass junge Drehbuchautor:innen oder Regisseur:innen keine Scheu vor diesen Themen hätten und sich intensiv damit auseinandersetzen würden. Wenn man in der Gesellschaft etwas bewegen wolle, müsse man divers erzählen, ergänzte Sommer. „Nutzen wir diese Möglichkeiten“, lautete sein Appell.