„Medienunternehmen leben von Vertrauen“

Trusted AI. Vertrauen als Garant der digitalen Medienzukunft

Medienunternehmen stehen ökonomisch enorm unter Druck. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) soll ihnen helfen, Prozesse zu optimieren und Kosten zu sparen. Dabei müssen sie strategisch genau den Punkt finden, an dem Effizienzsteigerung nicht zu Vertrauensverlusten führt.

Das hat Katja Modder von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG während der MEDIENTAGE MÜNCHEN bei einem Gespräch mit Expert:innen herausgefunden.

Grundlage der Präsentation von Katja Modder, Partnerin und Head of Technology, Media & Telecommunications (TMT) bei KPMG, war eine gemeinsame Studie ihres Unternehmens mit dem Medienverband der freien Presse (MVFP) unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Thomas Hess von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Darin gaben mehr als sechzig Prozent der befragten Verlage an, sich aktiv mit der Entwicklung und Umsetzung einer KI-Strategie zu beschäftigen. 170 Verlage nahmen an der Studie „Verlagstrends 2025“ teil, die im Frühjahr 2025 durchgeführt wurde und sich mit „Künstlicher Intelligenz zwischen Automatisierung, Authentizität und Akzeptanz“ befasste.

KI werde derzeit besonders im redaktionellen Bereich eingesetzt: bei 55 Prozent der befragten Verlage im Rahmen der Texterstellung, ebenso für die Recherche oder „als Sparringspartner“. Im Vertrieb oder Back Office spiele KI dagegen noch eine untergeordnete Rolle, berichtete Modder. Während 41 Prozent der Verlage angegeben hätten, eine unternehmensweite KI-Richtline eingeführt zu haben, habe ein Viertel bisher keine spezifischen Governance-Maßnahmen ergriffen.

Die befragten Verlage stimmten der Notwendigkeit zu, das Thema Transparenz in den Unternehmensgrundzügen zu verankern. Während KI-generierte Inhalte relativ häufig gekennzeichnet würden, hätten jedoch erst 16 Prozent der Verlage eine öffentliche Transparenzseite oder KI-Erklärung veröffentlicht, stellte Katja Modder fest. Um Reputationsverluste und Fake News zu verhindern, setzten Verlage auf Schulungen für Mitarbeiter:innen, Awareness-Maßnahmen und auch auf den Aufbau eigener KI-Lösungen. 80 Prozent der Verlage hätten ihren Angestellten verboten, vertragliche Daten in externe KI-Tools einzugeben.

Sowohl Prof. Dr. Thomas Hess, der das Institut für Digitales Management und Neue Medien an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München leitet, als auch Dr. Anne-Sophie Mayer, Professor of Digital Work an der LMU, unterstrichen die Bedeutung eines transparenten Umgangs mit dem Einsatz von KI: „Medienunternehmen, gleich welcher Art, leben immer von Vertrauen“, betonte Hess. Anne-Sophie Mayer berichtete aus ihrer Forschungs- und Beratungspraxis, dass es weniger die Kennzeichnung KI-generierter Inhalte sei, die die Akzeptanz von KI beim Publikum erhöhe, als eher Hintergrundgeschichten zum Thema in Blogs, Videobeiträgen oder Podcasts.Thomas Hess erklärte, dass schon kleine handwerkliche Fehler das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit KI-generierter Inhalte beschädigen könnten. Während klassische Medien vor allem Inhalte durch den Menschen überprüfen ließen („Human in the Loop“), suchten große Tech-Plattformen nach technischen Lösungen, um die Qualität KI-generierter Inhalte zu gewährleisten. Hier gebe es jedoch Unterschiede zwischen den US-amerikanischen Plattformen und der Auffassung der europäischen Regulierung, welche Inhalte am Ende tolerabel seien.

Wie sich die Anforderungen an Mitarbeiter:innen veränderten, sei „eine spannende Frage“: Anne-Sophie Mayer hat beobachtet, dass der professionelle Anspruch an Berufsanfänger massiv gestiegen sei. Auch Thomas Hess erwartet, dass reines Faktenwissen im Zuge der Einbindung von KI an Bedeutung verlieren werde. Beide unterstrichen, dass die Fähigkeit zur Einordung immer wichtiger werde. Ältere Mitarbeitende täten sich damit leichter, während jüngere höhere technische Kompetenzen hätten, sagte Anne-Sophie Mayer. Sie forderte, dass Medienunternehmen die Verschiebungen von Rollenidentitäten aktiver begleiten sollten.

Thomas Hess berichtete, dass die Entwicklung von KI in vielen Unternehmen immer noch extrem positiv eingeschätzt werde. Dies sei erstaunlich, da das Angebot KI-generierter Zusammenfassungen in Suchmaschinen die Bedeutung originärer Inhalte im Internet verringere. Viele Nutzende gäben sich nämlich mit den Zusammenfassungen zufrieden und nutzten Links nicht mehr. Hess beschrieb, wie sich die Auswahl von Informationen weg von journalistischer Kuration hin zu den Nutzenden verschiebt. Aus seiner Sicht würden sogenannte KI-Agenten diese Entwicklung noch verstärken.

Unternehmen machten sich in der Praxis noch zu wenig Gedanken über ethische Standards und Richtlinien, kritisierte Anne-Sophie Mayer. KI-generierte Inhalte würden ohne klare Kennzeichnung künftig noch schwerer zu erkennen sein.