„Medienhäuser öffnen und an die Schulen gehen“
Relevant bleiben! So stärkt Nachrichtenkompetenz das Vertrauen in Medien
Wie lässt sich die Informations- und Nachrichtenkompetenz der Nutzer:innen in Deutschland verbessern? Darüber haben Expert:innen bei einer Veranstaltung im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN diskutiert. Eingeladen hatten die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) und die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (ARD).
Informationskompetenz ist eine Frage des Alters
Alexander Sängerlaub, Direktor und Gründer des deutschen Forschungszentrums futur eins, erläuterte in seiner Keynote, dass Informations- und Nachrichtenkompetenz keine Frage des Alters sei. Sein Beispiel: In einem digitalen Nachrichtentest hätten Teilnehmer:innen mehrerer Alterskohorten ihre Kompetenzen erprobt, echte von falschen Internet-Nachrichten zu unterscheiden. Das Ergebnis habe gezeigt, dass fünfzig Prozent der Teilnehmenden keine Kompetenz in diesem Bereich hatten. „Dabei war der Unterschied zwischen Jung und Alt nur gering“, sagte Sängerlaub.
Im Anschluss stellten Judith Schönicke, Redakteurin, Projektleiterin und Referentin der Medienkompetenzprojekte beim Bayerischen Rundfunk (BR), sowie Leonhard Ottinger, Geschäftsführer der RTL Journalistenschule, einige Best-Practice-Projekte ihrer Unternehmen zur Förderung der Nachrichtenkompetenz vor. Dabei könnten „Menschen von außen“ in die Redaktionsräume der Medienunternehmen gehen und bei der Redaktionsarbeit zusehen und mitmachen, berichteten beide.
Schönicke schilderte, Redaktionen des Bayerischen Rundfunks hätten ihre Türen in Form eines Nachrichtentages für Jugendliche und Erwachsene geöffnet: „Die konnten beispiels-weise BR24-Themen fürs aktuelle Hörfunkprogramm auswählen, in der News-WG Insta-Posts produzieren und als „Young Reporter“ ihre eigenen Geschichten im BR-Fernsehen vorstellen“, erklärte sie.
Ottinger hob das Newscamp 24 hervor, das die RTL Journalistenschule in Zusammenarbeit mit dem Radiosender Deutschlandfunk Nova umgesetzt hat. In kleinen gemischten Teams hätten die Teilnehmenden journalistische Formate und Angebote entwickelt, die junge Erwachsene und Jugendliche interessieren und deren Nachrichtenkompetenz erhöhen sollen. „Wie könnte ein Podcast aussehen, in dem Menschen ihre Meinung vertreten, aber gleichzeitig die Ansicht der anderen aushalten und nachvollziehen?“, beschrieb Ottinger eine der „Challenges“.
Medienbildung ist enorm wichtig
Lars Gräßer, Pressesprecher des Grimme-Instituts, betonte in der folgenden Diskussion die Wichtigkeit von Medienbildung. Die größte Herausforderung dabei sei, ältere Zielgruppen mit geeigneten Bildungsangeboten zu adressieren. Dabei gelte: „Wir wissen nicht, wie viel Medienbildung wir oben reingeben müssen, damit unten genügend Medienbildung rauskommt.“
Sängerlaub plädierte für eine „systemische Medienbildung“ an den Schulen, in deren Rahmen beispielsweise das Unterrichtsfach Medienkunde eingeführt werden sollte. Er empfahl der Bildungspolitik, sich umzuschauen, zum Beispiel in Armenien, wo Informationswissenschaft Schulfach sei.
BR-Projektleiterin Schönicke ergänzte, es sei notwendig, „über Monate hinweg mit Scouts an die Schulen zu gehen, um dort Informations- und Nachrichtenkompetenz an die Schüler zu vermitteln“. Dies müsse in „allen Schulformen“ geschehen, ergänzte Sängerlaub. Ottinger betonte, das Öffnen von Medienhäusern sei das beste Mittel, um Nachrichtenkompetenz zu stärken: „Wir müssen Transparenz schaffen: Wie arbeiten die Redaktionen? Damit schaffen wir Vertrauen in die Medien und stabilisieren die Demokratie.“