Kooperation statt Konfrontation

Future Video: Unser Weg ist die Zusammenarbeit

Der Wettbewerb wird härter – und die Marktteilnehmenden haken sich unter, statt die Konfrontation zu suchen. Das ist das Ergebnis des Panels „Future Video“ im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN.

Gemeinsam setzten sich Katharina Frömsdorf, Chief Platforms & Growth Officer und CEO von Joyn (ProSiebenSat.1 Media SE), Malte Hildebrandt, Geschäftsführer der Screenforce Gattungsmarkting GmbH, Andreas Briese, Country Director von YouTube Germany, und Marco Hellberg, Managing Director M7 Ger-many (CANAL+ Group) mit den Herausforderungen im Bewegtbildmarkt auseinander. Den Ton setzte zu Beginn Jonathan Thompson. Der Geschäftsführer von Everyone TV stellte die britische App Freely vor, die er als Fallbeispiel für eine gelungene Partnerschaft im Streamingzeitalter darstellt.

Freely gehört den vier britischen Sendern BBC, itv, Channel 4 und Channel 5. Das Angebot bringt Live TV und Video on Demand, Übertragungswege von Satellit bis IPTV, diverse TV-Gerätehersteller und die Zugangswege über verschiedene digitale Geräte zusammen – und das mit zahlreichen verschiedenen Programmanbietern auf einer Plattform. „Nationale Sender müssen zusammenarbeiten“, sagte Thompson, „das ist das Herz von Freely.“ Modelle wie dieses seien „die Zukunft des Streamings“. Und der Vergleich der TV-Märkte zeige, dass diese sehr britische Geschichte ebenso relevant für andere Länder sei.

Alle denken heute ‚multiscreen‘ und ‚multidevice‘

Mit dieser Aussage konfrontiert, betonte Andreas Briese den „wertstabilen Ansatz“ der Kooperation YouTubes mit den Sendern. Der Country Director von YouTube Germany repräsentiert eigentlich den Antagonisten deutscher Medienschaffender: einen großer Digital-Player aus den USA, der einen Großteil der Werbeeinnahmen abschöpft. Briese betonte, die Google-Tochterfirma sei auf Inhalte anderer angewiesen und sorge im Gegenzug für zusätzliche Reichweiten. „Heute gibt es viele Sender, die eigene Programme für die Plattform entwickeln“, berichtete er. „Und die Grenzen verschwimmen: Alle denken heute ‚multiscreen‘ und ‚multidevice‘.“ Vom TV-Format zur Streaming-Plattform YouTube und umgekehrt sei es heute nur noch ein kleiner Schritt.

Auch die Streaming-Plattform von Seven.One, das Angebot Joyn, sei ein „langjähriger Partner“ von YouTube, bestätigte Joyn-Chefin Katharina Frömsdorf. Auf dem Videoportal liefen vornehmlich Shortforms, also kurze Clips. Zum einen bringe das zusätzliche Einnahmen, zum anderen „hilft die Shortform-Strategie, User zu Joyn zu holen“. Dort fänden sie dann die Longforms, also die längeren Formate, Eigenproduktionen, lineare und On-Demand-Inhalte sowie im Bezahlbereich Joyn+ auch exklusiven Zusatz-Content. Joyn kooperiere aber nicht nur mit den globalen Digitalpartnern wie YouTube, sondern mit allen großen Programmanbietern in Deutschland mit Ausnahme der RTL-Gruppe. Entsprechend könne man sich, so Frömsdorf, über deutlich gestiegene Reichweiten freuen.

Werbezeitenvermarktung unter Druck

Finanziert wird Joyn durch Werbung. Die Werbezeitenvermarktung steht angesichts der fragmentierten Bewegtbildangebote durchaus unter Druck. Dennoch hatte Malte Hildebrandt vom Vermarktungsdienstleister Screenforce gute Nachrichten für Podium und Fachpublikum. Die Erhebungsmethoden zur Reichweitenmessung hätten sich, so erklärte Hildebrandt, verbessert. „Wir begrüßen, dass man sich mit der AGF auf den richtigen Dienstleister geeinigt hat“, sagte der Screenforce-Geschäftsführer. Ein „Crossreach-Standard“ zur Erhebung vergleichbarer Daten für alle Angebote, selbst von Amazon Prime, Netflix oder DAZN, sei inzwischen technisch möglich. Zur „echten Vergleichbarkeit“ fehlten nur noch die Daten der öffentlich-rechtlichen Mediatheken – und die von YouTube. Eines Tages sollte es dann auch möglich sein, Werbung über Sender hinweg zu buchen. Aber: „Kartellrechtlich muss das alles sauber sein.“

Hildebrandt deutete eine Zusammenarbeit „made in Europe“ an. Nicht zuletzt, um den großen Konzernen aus den USA etwas entgegensetzen zu können. Grenzübergreifende Erfahrung brachte Marco Hellberg in die Podiumsdiskussion ein: Der Chef des Plattformunternehmens M7 in Deutschland, das dem französischen Konzern CANAL+ gehört, hat zuletzt viele internationale Kooperationserfahrungen in Österreich gesammelt. Dort bietet der Programmanbieter gemeinsam mit dem Netzbetreiber A1 zum Beispiel die Übertragung von Champions-League-Spielen an – teuer, aber erfolgreich in der Generierung neuer Abonnements. „Hat sich das gelohnt? Das werden wir erst in drei Jahren wissen“, bekannte Hellberg.

Zum Ende der Diskussionsrunde überreichte Andreas Briese den „Diamond Play Button“ von YouTube an Katharina Frömsdorf. Anlass waren mehr als zehn Millionen Abonennt:innen des YouTube-Kanals „The Voice Kids Germany“ von ProSieben. „Das ist der erste TV-Kanal in Deutschland, der diese Auszeichnung bekommt“, verkündete Briese.