KI-Einsatz in der Realität der multiplen Krisen

Audio-Gipfel: Listen to Reality

Beim Audio-Gipfel der MEDIENTAGE MÜNCHEN haben auf Einladung der Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) Expert:innen aktuelle Branchen-Trends diskutiert. Die zentralen Ergebnisse lauteten dabei schließlich wie folgt: Hörfunk- und Podcast-Programme seien so „nah dran am Menschen“ wie „kein anderes Medium“. Dadurch könnten sie Menschen zusammenbringen, durch Informationen Probleme lösen und Ängste nehmen. Durch die starke Bindung der Hörer:innen sei es möglich, mit entsprechenden Inhalten das schwindende Vertrauen der Menschen in die Medien wieder zu erhöhen. Eine Gefahr: Der zunehmende und unaufhaltsame Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) beim Erstellen und Verbreiten von Audio-Inhalten könnte diese positiven Eigenschaften einschränken. Deshalb sprachen die Expert:innen auf dem Podium auch darüber, wie die Medienschaffenden der Branche mit dieser Gefahr umgehen sollten.

Formate, die auf Emotionalisierung basieren

Christian Berthold, Geschäftsführer des Hörfunksenders Antenne Thüringen, erklärte zu Beginn der Diskussion, wie sein Sender während der Landtagswahlen in Thüringen im September 2024 „Position bezog“, indem die Programminhalte auf „Emotionalisierung, nah dran an den Hörern“ ausgerichtet waren: „Wir haben Formate kreiert, die nur aus Hörerfragen bestanden, die dann diskutiert wurden“, legte Berthold dar. Dadurch habe „sein Team die Leute bewegt, die Hörer gekitzelt“, indem es auf deren Probleme und Ängste eingegangen sei. Berthold führte weiter aus, dass der Einsatz von KI „Ressourcen freisetze“, die dafür genutzt werden könnten, „Live-Entertainment“ zu erschaffen, um „nah am Hörer zu sein“ und „die Menschen zu erreichen“.

KI bietet der Audio-Branche Chancen und Herausforderungen. Diane Dotzauer, Programmbereichsleiterin beim Bayerischer Rundfunk, bezog sich auf den „Programmbestandteil Live-Entertainment“ und wies darauf hin, dass „KI bereits synthetische Bands kreiere“ und „Konzerte komplett in die Virtualität transformiere“. Sie überlege sich mit ihren Mitarbeitenden, wie für die Hörer:innen „das Erleben, das Echt-Sein“ in Folge dieser Möglichkeiten und Entwicklungen der KI weiterhin umgesetzt werden können. Wichtig sei, „Bindung aufzubauen, weg vom Oberlehrerhaften“ und zu fragen, was die Ängste der Hörer:innen seien. Mit der Frage „Wie können wir euch helfen?“ beschrieb Dotzauer die Vorgehensweise bei der optimalen Ansprache der Hörer:innen, „damit die Menschen einen Nutzen haben“.

Nachwuchs bei Hörer:innen und Moderator:innen aufbauen

Marco Morocutti, Geschäftsführer von Radio NRW, sah die Herausforderung für die Audio-Branche darin, „Nachwuchs auf beiden Seiten, bei Hörern und Moderatoren“ aufzubauen. Damit das gelinge, müsse „die Anmutung der Branche Audio jünger und moderner“ wer-den. In Bezug auf den Einsatz von KI werde „Voice-Cloning“ als eine Technologie, um die Stimme eines jeden Menschen mit hoher Genauigkeit nachzubilden, das „Nachwuchsprob-lem „nicht nachhaltig lösen“, prognostizierte Morocutti. Die hohe Qualität bei der Ausbil-dung von Moderator:innen bei Radio NRW ermögliche erst, „Glaubwürdigkeit herzustellen und identitätsbildend für NRW“ zu sein. Der Einsatz von KI sei dafür da, „die Effizienz zu steigern“, aber weniger für die Produktion von Inhalten geeignet.

York Strempel, Programmdirektor des privaten Hörfunksenders KISS FM Berlin, sagte, dass er sich vom Programmdirektor zum Netzwerker verändert habe: „Ich netzwerke in der Musikindustrie, um mit Nachwuchskünstlern zusammenzuarbeiten.“ Musikformate würden Hörer:innen nur dann an den Sender binden, wenn man mit den Künstler:innen zusammenarbeite. „Das erhöht die Credibility“, führte Strempel weiter aus. Der Einsatz von KI könne „nicht ersetzen, sondern nur unterstützen“, da „nur Menschen Menschen bewegen“, urteilte Strempel.

Kooperation zwischen Radio & Podcast

Konstantin Seidenstücker, Co-Founder & Managing Director des Podcast-Netzwerkes Studio Bummens, stellte fest, dass sich der Podcast-Markt nach jahrelangem stetigem Wachstum in einer Konsolidierungsphase befinde. Da es inzwischen deutlich schwieriger sei, neue Zielgruppen zu erreichen, kooperiere er mit Radiosendern. „Wir profitieren von der Reichweite, den Distributionsmöglichkeiten und der inhaltlichen Zusammenarbeit“, legte Seidenstücker dar. Der Einsatz von KI, beispielsweise in Form von „Tools“, um die „Audioqualität“ zu erhöhen, schaffe Entlastung in der Redaktion. „Weniger Nervkram, mehr Zeit für Inhalte“, bilanzierte Seidenstücker.

Katja Ostrowsky, Geschäftsführerin der radio.de GmbH, einem Radio-Aggregator in Form einer Suchmaschine für Audioangebote im Internet, hob die „Einfachheit“ der Rezeption als wichtigen Nutzen für die Hörer:innen hervor. Die „Auffindbarkeit“ von Audio-Angeboten bei dem Vorgang „Suchen, Finden, Hören“ sei ein relevanter Mehrwert für die User. Die Anwendung von KI könne dabei den Nutzer technisch darin unterstützen, „seinen Hörer-Wunsch“ zu erfüllen“. Ostrowsky appellierte an die Audio-Branche, „in den Zeiten von Multi-Krisen positiv zu bleiben“. Sie zeigte sich sicher: „Radio kann dazu beitragen.“