KI als Co-Pilot und Mitbewerber
AI Summit: WTFuture?! AI Visions for the Media of Tomorrow
„Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, den Journalismus besser zu machen, nicht obsolet. KI kann die Funktion eines Co-Piloten übernehmen, ist aber kein Ersatz“, lautet die Überzeugung von Dr. Richard Socher. Der Geschäftsführer und Gründer der KI-Suchmaschine und universellen KI-Plattform You.com versuchte gleich zum Auftakt des AI Summit der MEDIENTAGE MÜNCHEN die größten Bedenken über die Zukunft des Journalismus abzumildern.
Socher, dessen Unternehmen in Deutschland mit der Nachrichtenagentur dpa oder dem Wort & Bild Verlag zusammenarbeitet, war aus Kalifornien zugeschaltet.
Bei der Recherche oder dem automatisierten Fact Checking erleichtere die KI die Arbeit in den Redaktionen, sagte Socher. Viele Tätigkeiten, für die Redaktionen früher Stunden oder Wochen benötigt hätten, könnten nun in wenigen Minuten erledigt werden. Auf die negativen Konsequenzen des KI-Booms verwies die amerikanische Tech-Journalistin und Buchautorin Karen Hao in ihrem anschließenden Vortrag. Sie kritisierte eine Erosion des Schutzes von geistigem Eigentum und verwies auf die immensen Umweltbelastungen, die durch den hohen Energiebedarf und Wasserverbrauch der KI-Server entstehen. So plane Google derzeit in Montevideo den Bau eines Rechenzentrums für Südamerika, obwohl die Region dort von Wasserknappheit bedroht ist.
Im Anschluss führte Elisabeth Gamperl, zuständig für News Products & AI bei der dpa, aus, wie sich der Arbeitsalltag von Journalist:innen durch KI bereits konkret verändert hat. Journalisten hätten ihre Rolle als Gatekeeper abgeben müssen, sie seien inzwischen nur noch ein Player unter vielen. Auch die überlieferten journalistischen Formate müssten überdacht werden. Vor wenigen Jahren seien lange Artikel ein Beleg für Wichtigkeit gewesen, inzwischen gehe es eher um „Information Bits“. Und diese folgten einer Pull-Logik. Nicht mehr die Redaktionen würden bestimmen, wann welche Inhalte veröffentlicht und konsumiert werden. Die User holten sich vielmehr gezielt die Informationen, die sie interessieren, und zwar zu einem Zeitpunkt, der ihnen passe.
Marie Kilg, Chief AI Officer bei der Deutschen Welle, stellte in ihrem Vortrag die Frage, ob man in Zukunft überhaupt noch Medienhäuser benötige. Immerhin produziere Künstliche Intelligenz nicht nur Content, sondern sei auch im Tech-Bereich ein immer stärkerer Wettbewerber, indem sie selbständig Inhalte generiere. Inzwischen sei KI bei allen Phasen der Medienproduktion – Research, Produktion, Distribution und Interaktion mit den Usern – ein Partner. Man könne das positiv sehen, urteilte Kilg: „KI kann einem bei jedem dieser Schritte helfen. Die Arbeit mit Wissen, mit Informationen war noch nie so einfach wie heute.“
In der abschließenden Diskussion rief Elisabeth Gamperl dazu auf, Innovationen zu begrüßen und zu nutzen, nicht zu bekämpfen. Der Arbeitsalltag ändere sich, ebenso wie die Jobbeschreibungen. Künftig würden beispielsweise mehr Data Analysts oder Cognitive Science Expert:innen im Journalismus benötigt. Und redaktionelle Inhalte müssten künftig mehr als Tech-Produkte begriffen werden.