Herausfordernde Regulierungsfragen

Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz zu Rundfunkthemen Künstliche Intelligenz. Welche Regeln gelten für die Medien?

Deutsche Mediengesetze und das europäische KI-Gesetz (EU Artificial Intelligence Act) bieten Werkzeuge, um Meinungsvielfalt zu gewährleisten und die Chancen der Anwendung Künstlicher Intelligenz (KI) so zu regulieren, dass Risken, die mit KI verbunden sind, reduziert werden. Dennoch bleiben der Erhalt von Pluralismus und die Eindämmung von Desinformation im deutschen Mediensystem herausfordernd.

Professor Dr. Stephan Ory, Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR), hat während des Europatages im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN mit Vertreter:innen aus Medienpolitik und -aufsicht den Bedarf von Regulierung und Reformen diskutiert.

Ergebnisse der MPK

Während bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN über Regulierungsfragen und die Zukunft des dualen Rundfunksystems debattiert wurde, hatten die Bundesländer bei ihrer Ministerpräsidentenkonferenz in Leipzig Weichen für die Zukunft gestellt. Heike Raab, Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa und Medien, koordiniert die Rundfunkkommission der Bundeländer und dankte per Videoschaltung aus Leipzig ausdrücklich allen am Reformprozess Beteiligten. Sie unterstrich, dass der soeben von allen Ministerpräsident:innen einstimmig verabschiedete Reformstaatsvertrag (ReformStV) die öffentlich-rechtlichen Medien effizienter, resilienter und attraktiver machen solle. Heike Raab unterstrich die Bedeutung öffentlich-rechtlicher Angebote als verlässliche Qualitätsmedien.

Die Konsolidierung der Kultur- und Informationsprogramme sowie von Hörfunk- und Digitalangeboten schärfe den qualitativen Auftrag der öffentlich-rechtlichen Medien, sagte Raab. Die Programme sollten interaktiver und auch für jüngere Zielgruppen attraktiver werden. Eine Positivliste enthalte Vorgaben, was die Anstalten künftig online veröffentlichen dürften. Damit solle die Textlastigkeit der Onlineprogramme zu Lasten der privaten Verlage aufgelöst werden. Die Entscheidung über das Verfahren zur Festlegung des Rundfunkbeitrags haben die Ministerpräsident:innen bis zu ihrer Konferenz im Dezember 2024 vertagt.

Regulierung des Umgangs mit Künstlicher Intelligenz

Entscheidend für die Vielfalt und Qualität von Medienangeboten ist auch die Regulierung des Umgangs mit Künstlicher Intelligenz. Ruth Meyer (im Bild), die als Direktorin die Landesmedienanstalt Saarland (LMS) leitet, machte in ihrem Vortrag deutlich, dass die Entwicklung von KI die Medienanstalten nicht unvorbereitet treffe. Sie hob den experimentellen und ambivalenten Charakter vieler KI-Anwendungen hervor. KI erleichtere den redaktionellen Alltag. Sie helfe dabei, Medieninhalte zu personalisieren und treffender an bestimmte Zielgruppen anzupassen. Auch Inklusion werde mit KI leichter. Doch so wie KI Vielfalt schaffe, könne sie auch Vielfalt einschränken. Hyperpersonalisierung, Parallelrealitäten und Fake News gefährdeten die Demokratie.

Meyer hob die besondere Bedeutung von Regulierung im redaktionellen Bereich und hinsichtlich der großen Online-Plattformen hervor. Besondere Sorge müsse den lokalen Inhalten und der Vertrauenswürdigkeit von Quellen gelten. Verantwortung müsse geregelt sein: „Medienanstalten nehmen Menschen in Haftung, keine KI“, betonte die LMS-Direktorin.

Rechtsdurchsetzung vs. Kompetenzklärung

Ruth Meyer und Dr. Annette Schumacher, Geschäftsführerin der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM), unterstrichen die große Erfahrung der Landesmedienanstalten. Angesichts neuer regulatorischer Rahmenbedingungen durch EU-Initiativen forderte Schumacher für das föderale deutsche System, die Handlungskompetenz der Medienanstalten müsse erhalten bleiben: „Es geht um den Ausgleich der Vollzugsmöglichkeiten.“ Der Jurist und stellvertretende Direktor der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz, Dr. Jörg Ukrow, stimmte zu, dass Instrumente für die Regulierung vorhanden seien. Er forderte jedoch entschieden: „Es geht jetzt um die Rechtsdurchsetzung, nicht um Kompetenzklärung!“

Ukrow, der zugleich Ko-Geschäftsführer der LPR-Trägergesellschaft für jugendschutz.net und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des EMR ist, bezweifelte, dass die Transparenzpflicht aus dem EU AI Act Deep Fakes der russischen Propaganda verhindern könne. Er bedauerte, dass man bei vielen Bürgern nicht automatisch „ein Bewusstsein eines mündigen Mediennutzers“ voraussetzen könne. Gerade um regionale und lokale Vielfalt gegenüber internationalen Plattformen zu stärken, wünsche er sich auch eine Debatte über die Struktur der privatwirtschaftlichen Medien. BLM-Geschäftsführerin Schumacher wies in diesem Zusammenhang darauf hin, die Koordinierungsstelle KI der BLM unterstütze Medien vor Ort mit Informationen und Schulungen. Gemeinsame Tools zu entwickeln und das journalistische Handwerk zu unterstützen, sei wichtig, um Medien vertrauenswürdig zu gestalten.