Helfen Allianzen gegen die US-Giganten?

Machtverhältnisse im Werbemarkt – Werden die Karten neu verteilt?

Trotz aller Kritik an ihrer Übermacht wachsen digitale Plattformen wie Google, Meta und Amazon weiter und beherrschen zunehmend den Werbemarkt. Im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN hat sich eine Expert:innen-Runde mit der Frage auseinandergesetzt, warum die Kanäle der großen Online-Konzerne für Werbungtreibende so spannend sind und wie sich nationale und europäische Vermarkter für den Kampf mit den Giganten rüsten können.

Den Einstieg in die Diskussion lieferte der Impulsvortrag von Privatdozent Dr. habil. Tino Meitz mit seiner Hauptthese, die Branche habe hierzulande keinen Mut zur Änderung der Verhältnisse. Der vielfach gehörte Ruf nach mehr Haltung und einer stärkeren Unterstützung traditioneller Medienanbieter nehme zwar den Zeitgeist auf; allerdings werde der Begriff überstrapaziert. Dabei würden Werbungtreibende häufig mit Erwartungen überfrachtet, und Haltung könne auch – Stichwort: Tugend-Terror – zum Problem werden. Schließlich seien die Unternehmen vor allem ihren Shareholdern und damit dem finanziellen Erfolg verpflichtet.

Dr. Andrea Malgara, Managing Partner der Media-Agentur Mediaplus, beklagte die mangelnde Kommunikationskultur in sozialen Online-Netzwerken: „Das Angebot von RTLII mag man finden, wie man will. Aber es unterliegt medienrechtlichen Regeln und bietet Marken damit Sicherheit und eine gewisse Qualität.“ Bei YouTube aber würden beispielsweise rechtsextreme Akteure keinerlei Kontrolle unterliegen. Dennoch würden solche Kanäle weiter gebucht und die Plattformen somit weiter wachsen. Diese Entwicklung prognostizierte Malgara auch für das kommende Jahr. 

Auf den großen US-Plattformen befänden sich eben die Nutzer:innen, stellte Klaus Böhm, Partner bei der Schickler Unternehmensberatung, fest: „Money follows eyeballs, und inzwischen stimmt die Nutzungsrealität mit den Flüssen der Buchungen überein.“ Der Markt benötige eine konvergente, also plattformübergreifende Währung: „Werbebündnisse sind überlebenswichtig,“ folgerte Böhm. Sonst führten diejenigen das große Wort, die durch ihre Werbekampagnen sogenannte Leads, also Interessenten, generierten. Und das seien natürlich in erster Linie die großen digitale Plattformen.

Doch was sind die Hürden? Stefanie Jäckel, Chief Strategy Officer der RTL-Vermarktungseinheit Ad Alliance, sieht hier vor allem behördliche Beschränkungen: „Wir versuchen natürlich, mit Zähnen und Klauen unser Geschäft zu verteidigen. Und schließen dazu Allianzen.“ Wer allein im Markt unterwegs sei, habe es schwer. Doch oft werde eine Konsolidierung der Angebote vom hiesigen Kartellamt untersagt. Das sei eine unglückliche Verzerrung, denn die digitalen Plattformen würden nicht diesen Regeln unterliegen. Außerdem hätten Amazon & Co eine perfekte User Experience für Werbekunden. Um diesen Erwartungen auch im europäischen Raum gerecht zu werden, müssten Kräfte gebündelt und Kosten geteilt werden. „Das geht nicht ohne Kooperationen. Aber am Ende ist das Kartellamt eine Regulierungsbehörde, der wir uns zu beugen haben“, lautete Jäckels Fazit.