Generation TikTok: Keine Scheu vor Irrtümern
Generation Alpha – Wie stellen sich Medienmarken auf den Nachwuchs ein?
Als Generation Alpha werden im Marketing Personen bezeichnet, die nach 2010 geboren wurden. Sie wurden also, im Gegensatz zu den meisten heutigen Medienmacher:innen, in einer nahezu vollständig digitalisierten Welt groß. Die Generation Alpha anzusprechen ist deshalb eine besondere Herausforderung, die viel Versuch und Irrtum erfordert. So das Fazit einer Diskussionsrunde während der MEDIENTAGE MÜNCHEN.
Kinderrat bestimmt bei ZEIT LEO mit
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Generation Alpha tickt, hat das Kindermagazin Leo aus dem Zeit-Verlag einen sogenannten Kinderrat eingerichtet. „Durch dieses fünfköpfige Gremium fließt die Kinderperspektive in unsere redaktionelle Arbeit ein“, erklärte Chefredakteurin Inge Kutter. „Wir tauschen uns alle drei Wochen per Video-Call aus. So erfahren wir auch aus erster Hand, wenn sich Vorlieben ändern oder neue Trends entstehen.“ Außerdem lege die Redaktion dem Kinderrat Cover-Entwürfe vor und lasse die Kinder mit abstimmen. Zusätzlich stelle sich die Redaktion mit jeder neuen Heftausgabe einer Blatt-kritik durch eine Schulklasse, berichtete Inge Kutter.
Auch der Österreichische Rundfunk (ORF) fokussiert sich seit ein paar Jahren stark auf die junge Zielgruppe. Als das hauseigene Nachrichten-Format „Zeit im Bild“ seinen dritten „TikTok-Geburtstag“ feierte, gelang der Sprung über die 500.000-Follower-Marke. Auf Instagram zählt der ORF sogar 1,2 Millionen Follower. Sebastian Prokop, Chefredakteur im ORF-Newsroom, erklärte den Erfolg damit, dass man viele junge Macher:innen eingestellt habe, die nahe an der Zielgruppe seien. Zum anderen habe man keine Scheu vor dem Prinzip „Trial and Error“. Es werde viel getestet. Und neben der Politikberichterstattung gebe es auch typische Tiktok-Themen, „um den Algorithmus zu streicheln“, wie Prokop erklärte. „Da produziert ein Nachrichten-Anchor zusammen mit einem Host auch mal ein Tanz-Video.“
„Die Videos erzielen zum Teil höhere Reichweiten als im TV“, bilanzierte Prokop. Einen großen Anteil am Erfolg der Social-Media-Strategie dürfte auch das klare Bekenntnis seitens der Senderleitung haben, bei jungen Zielgruppen strategischer vorzugehen. So wurde die Social-Media-Redaktion hierarchisch auf die gleiche Ebene wie die Innenpolitik-Redaktion gesetzt. Außerdem hat die Generaldirektion eine Young-Audience-Stabstelle eingerichtet, die sich um junge Zielgruppen kümmert. „Solch strukturelle und strategische Änderungen sind deutlichen Zeichen im Haus, die wirken“, betonte Prokop.
Junge Menschen über TikTok erreichen
Kommunikations- und Marketingexperte Axel Dammler, geschäftsführender Gesellschafter von Iconkids & Youth International Research empfahl die chinesische Plattform, um die Zielgruppe anzusprechen: „Man muss die jungen Menschen über TikTok abholen“, denn die meisten klassischen Medien seien „zu erwachsen“ für die Generation Alpha.
Verlage testen unterdessen den Einsatz Künstlicher Intelligenz, um Texte so zu verändern, dass sie auch die jüngere Zielgruppe ansprechen. „Der erste und wichtigste Schritt ist, die Zielgruppe zu identifizieren“, sagte Dr. Michael Patrushev, Geschäftsführer von Travely24 und in der KI-Entwicklung aktiv. Ein Chatbot frage beispielsweise die Lesenden, ob der Text verstanden wurde, und lade damit in spielerischer Form zum Austausch ein.