Der Fan im Fokus

Beyond Live: Die neue Nähe im Sport

Die Wünsche und Bedürfnisse der Sportfans seien das Maß der Dinge, wenn es um Attraktivität, Reichweite und Erlöse im professionellen Sportbusiness geht.

Auf dieses Resümee konnten sich die Teilnehmer:innen einer Podiumsdiskussion verständigen, die Sky Deutschland im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN präsentierte.

Zunächst stellte Janina Mütze, CEO & Founder von Civey, die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage vor. Ihr Unternehmen für digitale Markt- und Meinungsforschung hatte Fans danach gefragt, was für sie zu einem beeindruckenden und bleibenden Sporterlebnis gehöre. Die Hälfte der Befragten gab an, sich mindestens an ein prägendes Sporterlebnis zu erinnern. 24 Prozent antworteten, dass sie dieses Sportereignis live vor Ort in einem Stadion erlebt hätten. Für 75 Prozent spielen Live-Sportevents im Fernsehen eine wesentliche Rolle. Eine große Zahl wünschte sich dabei eine Personalisierung der TV-Angebote. Dazu zählen die Möglichkeit, in Echtzeit zwischen verschiedenen Spielen wechseln zu können oder verschiedene Kameraperspektiven zu nutzen. Das zentrale Ergebnis der Befragung, so resümierte Mütze, sei: Der Fan müsse bei Vereinen, Vermarktern oder Medien im Fokus aller Bemühungen stehen.

Diese Befunde überraschten Charly Classen nicht. Der Executive Vice President Sport & Customer Operations bei Sky Deutschland sieht darin das Angebot seines Hauses vollumfänglich bestätigt. „Unsere Optionen, einen Match-Alarm einzurichten, bei dem man über Tore in anderen Spielen informiert wird, oder das Switchen zwischen verschiedenen Spielen wird von unseren Kunden hervorragend angenommen.“

Mia Guethe vom Fachmagazin 11 Freunde berichtete, dass sie sich vor allem an solche Sportevents erinnere, die sie live im Stadion erlebt habe. Sie kritisierte in diesem Zusammenhang die fortschreitende „Eventisierung“ von Sportereignissen im Stadion. Dabei werde das Setting oft nur noch an den Bedürfnissen der Fernsehzuschauer:innen und nicht an den Bedürfnissen der Fans vor Ort ausgerichtet. Die Kulisse und die Atmosphäre im Stadion machten jedoch das Spiel erst zum Magneten für die Fans. „Gehen die Fans nicht mehr ins Stadion, wird auch die TV-Übertragung deutlich weniger interessant“, sagte die Sport-Journalistin.

„Die Fans wollen Emotionen miterleben, das Event förmlich riechen. Wir dürfen nicht vergessen, dass diese Emotionen erst die Fankultur ermöglichen und verschiedene Fangruppen verbinden“, erklärte Classen. Dabei verzeichne Sky durch eine neue Rahmung des eigentlichen Sportevents deutlich höhere Quoten. Gleichzeitig, so lautete das Urteil von Mia Guethe, stelle sie fest, dass die Relevanz von klassischen journalistischen Inhalten in den Redaktionen abnehme. Die Vereine seien inzwischen deutlich weniger auf Fernsehanstalten angewiesen und bedienten eigene Kommunikationskanäle.

Zum Stellenwert der Fans aus Sicht der Fußballvereine äußerte sich Dr. Eric Huwer, Fußball-Vorstand beim HSV. Er betrachte Fans nicht als Kunden eines kommerziellen Sportangebots, sondern als Akteure im Gesamtkontext dieser Events. Es gehe um das Zusammenspiel zwischen dem Geschehen auf dem Fußballfeld und den Zuschauerrängen. Gleichzeitig wünschten sich die Fans Exklusivität, Partizipation und Infotainment – gepaart mit klassischen Elementen eines Stadionbesuchs. „Ich verstehe vor diesem Hintergrund nicht, warum wir Stadiongäste weiter benachteiligen. Es wird zum Beispiel weder die Nachspielzeit angezeigt noch werden Wiederholungen auf der Anzeigentafel eingeblendet. Das muss sich ändern.“ Huwer warb dafür, diese Fehler der Vergangenheit beim immer beliebter werdenden Frauen-Fußball nicht zu wiederholen.

Inwieweit haben sich die Bedürfnisse der Fans in den vergangenen Jahren konkret verändert? Marco Klewenhagen, Geschäftsführer des Sport-Business-Events SPOBIS, sagte: „Wir müssen akzeptieren, dass es sich beim Profi-Fußball um eine Industrie handelt, die dafür da ist, Umsätze und Gewinne zu generieren. Dieses Konstrukt muss aber für alle funktionieren – also auch für Fans.“ Er persönlich könne zwar Neuerungen wie einer ausführlichen Vorberichterstattung, der Öffnung der Kabinen für TV-Sender oder Interviews bei Ankunft des Mannschaftsbusses wenig abgewinnen. Wenn das allerdings die Mehrzahl der Fans wünsche, solle das umgesetzt werden. Hinderlich seien in diesem Zusammenhang die oft zähen und komplexen Verhandlungen mit der Deutschen Fußball Liga (DFL), den Vereinen oder den Medien. Man könne durchaus von den Systemen in anderen Ländern lernen. In den USA gebe es beispielsweise eine Kappung der Spielergehälter, was letztlich zu mehr Fairness im Verhältnis zwischen den Vereinen sorge. Man habe dort eine Art ‚Waffengleichheit‘ hergestellt, was die Fans honorierten, erklärte Klewenhagen. Emotionen und Authentizität bedeuteten auch, das gesamte Geschehen rund um das eigentliche Fußballspiel einzufangen. In dem Zusammenhang sei es kontraproduktiv, wenn Proteste von Spielern in Spanien aus den Fernsehbildern herausgeschnitten würden.

„Sportevents haben inzwischen noch eine weitere Funktion. Sie sind in Zeiten von zunehmender gesellschaftlicher Spaltung eine Verbindung zwischen Menschen, die sonst nichts miteinander zu tun haben“, sagte Janina Mütze. Das Verbindende des Sports stand letztlich für alle Podiumsgäste im Mittelpunkt. Schließlich lautete der Appell von Mia Guethe: „Fußball muss bezahlbar bleiben – im Stadion oder beim Abschluss von TV-Abos. Sonst sind die Fans weg und das System funktioniert nicht mehr.“ Die Nähe zu den Fans könne dabei auf verschiedenen Wegen umgesetzt werden – falls man ihnen zuhöre und ihre Wünsche berücksichtige.