
Daten als „Stimme“ des Publikums
Thriving the User-centric Era
Evan Shapiro verbreitete bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN viel Optimismus: Dem deutschen Fernsehen und vor allem den öffentlich-rechtlichen Anbietern gehe es recht gut, sagte der Gründer der Change Agency eshap, der sich auch als Fernseh- und Podcast-Produzent einen Namen gemacht hat.
„Bitte behaltet das bei, denn die Gesundheit der Demokratie und die Gesundheit der Öffentlich-Rechtlichen sind untrennbar miteinander verbunden,“ appellierte der Medienanalyst.
Doch wie bestehen hiesige Content-Anbieter in einem globalen Markt, in dem vor allem Big-Tech-Riesen profitieren? Shapiro empfahl, auf die Kund:innen zu hören: „Data is the voice of the audience.“ Rezipient:innen würden mitteilen, was sie wollen, was sie nervt und was wir machen sollen, argumentierte der Berater. Userinnen und User träfen auf eine zu große Auswahl, kombiniert mit einem schlechten Nutzungserlebnis. Doch das lasse sich ändern. Shapiro riet, den Medienmarkt mit den Augen der Konsument:innen zu betrachten: Wer soll denn, so fragte er, den Überblick behalten bei durchschnittlich hundert verschiedenen Login-Konten pro Person? Die Folge sei, dass immer weniger Dienste tatsächlich genutzt und bezahlt würden. 13 Medienangebote habe jeder im Schnitt, als Must-Haves würden davon die Hälfte gelten.
„Die Userinnen und User sind frustriert: Das Interface nervt. Der nahtlose Wechsel zwischen Angeboten funktioniert nicht und die Personalisierung ist nicht gut. Keiner findet, was er oder sie sehen will“, kritisierte der Medienanalyst. Deshalb würden Medien weniger genutzt als möglich. Das setze den Teufelskreis fort: Weniger Einnahmen aus Abos und Werbung führten zu weniger Geld, um gute Angebote zu machen.
Handlungsempfehlungen für Medienschaffende
Shapiro leitet aus seinen Datenanalysen fünf Handlungsempfehlungen für Medienschaffende ab:
- Bündelung von Angeboten: Shapiros Daten belegten, dass Bundles weniger Abo-Kündigungen verzeichnen als einzelne Dienste. Komfortable Pakete, die Musik-Streaming, Gaming und TV-Inhalte oder Podcasts, Cloud-Dienste und Videos verbinden, seien für Anwender:innen viel nützlicher und kämen den Wünschen der Werbewirtschaft entgegen mit einer Fülle täglicher Touchpoints.
- Verwendung von Daten: Dass die Werbebudgets mehr und mehr ins Digitale abfließen, liege daran, dass Daten hier den Weg der Konsument:innen verfolgen und Verkaufserfolge abbilden. „Bietet Tracking bis zur Transaktion an“, riet Shapiro. Werbekunden würden die Kombination aus einem nachweislichen Return on Investment (Kaufakt) und Brand Safety (Ausspielen im gewünschten Werbeumfeld) vorziehen, wenn man sie ihnen anbiete. Sicht-bar sei bereits heute: Das werbefinanzierte Streaming sei der am schnellsten wachsende Markt. Allein in Deutschland würden damit in diesem Jahr rund 560 Millionen Dollar umgesetzt – die Prognose für 2029 liege bei 1,31 Milliarden Dollar.
- Kooperationen: Shapiro empfahl, mit den Big-Data-Unternehmen zusammenzuarbeiten. First-Party-Data seien der Schatz, den es einzusetzen gelte. „Der Datenpool kann gar nicht zu groß sein, wenn man mit den Big-Tech-Firmen mithalten will“, urteilte der selbst ernannte „Medienkartograf“.
- Creator Economy: Content Creators seien die Stars, erklärte Shapiro. Aufgrund der zu-nehmenden Social-Media-Nutzung insbesondere über die Meta-Plattformen WhatsApp, Instagram und Facebook verkauften die Content-Produzierenden Werbeumfelder im Wert von 480 Milliarden Dollar. Das sei so viel wie beim traditionellen Fernsehen. „Creator Economy wird ein Riesenmarkt“, zeigte sich der Datenspezialist sicher und empfahl Produzent:innen, die in der benutzerzentrierten Ära erfolgreich sein wollen, flexibel zu sein und ihre eigenen Kanäle und Communitys rund um ihre Arbeit zu entwickeln.
- Unternehmenskultur: Business-Modelle sollten auf dem basieren, was die Nutzer:innen wollen. Damit meinte Shapiro aber nicht nur die User, sondern auch die Werbekund:innen und Mitarbeitenden. Deren Wünsche zu erkennen, gelinge nicht nur mithilfe von Daten, sondern auch, indem man beispielsweise junge Menschen in den Runden der Entscheider mitreden lasse.