Der Podcast-Hype hält weiter an

27. Forum Filmwirtschaft #Zukunft: Filmland Deutschland?

„Es sind bitterböse Zeiten für die deutsche Filmwirtschaft.“ Mit diesem Satz hat Moderatorin Claudia Lehmann, Geschäftsführerin von maz & movie, im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN eine Diskussion des Forums Filmwirtschaft über die Zukunft der Bewegtbildindustrie eröffnet.

„Wir brauchen dringend bessere Rahmenbedingungen“, lautete Lehmanns Appell. Anschließend versuchten Expert:innen zu ergründen, warum es der Branche so schlecht geht und was die Hemmnisse, aber auch die Chancen der aktuellen Situation sind.

„Rund 160.000 Menschen in Deutschland arbeiten direkt oder indirekt in der Filmindustrie. Alle Gewerke, von den Produzent:innen über Schauspieler:innen, Kostüm, Maske, Kamera bekommen die Krise zu spüren“, sagte Lehmann. Der Grund: sinkende Senderbudgets bei wachsenden Kosten auf Produzentenseite. Allein die Constantin Film AG hat ihr Produktionsvolumen in den vergangenen fünf Jahren von jährlich 50.000 produzierten Minuten inzwischen etwa halbiert. Die Produzentenallianz machte im vergangenen Jahr eine Umfrage bei ihren Mitgliedern. Das triste Zahlenwerk offenbart: 77 Prozent der Mitgliedsunternehmen schätzten ihre wirtschaftliche Lage als „schlecht“ oder „sehr schlecht“ ein, bei Unternehmensgewinnen von null bis 2,5 Prozent. „Die Lage ist mehr als besorgniserregend“, sagt Michelle Müntefering, seit rund hundert Tagen als Geschäftsführerin und Sprecherin des Gesamtvorstands Produktionsallianz im Einsatz.

Die Reform des Filmfördergesetzes trat zwar Anfang des Jahres in Kraft, doch das von den Produzent:innen als sehr wichtig erachtete Steueranreizmodell, ist weiterhin nicht in Sicht. „Das brauchen wir aber dringend“, forderte Müntefering. Viel diskutiert wurde daher über die von Kultur- und Medienstaatsminister Wolfram Weimer für die Streaming-Branche ins Spiel gebrachte Selbstverpflichtung. Sie soll an die Stelle der ursprünglich angedachten Investitionsverpflichtung rücken. Zur Erklärung: Ein Investitionsverpflichtungsgesetz hätte dann Streamingdienste dazu verpflichtet, einen festen Anteil ihrer in Deutschland erzielten Umsätze wieder in hiesige Produktionen zu investieren. Michael Hilscher, Head of Production, Sales und Marketing sowie Prokurist bei den Bavaria Studios, wies in Bezug auf die nun geplante Selbstverpflichtung auf ein entscheidendes Detail hin. „Hier ist immer noch nicht geklärt, ob diese Selbstverpflichtung von Streamern und Sendern vorsieht, dass die Produktionsausgaben für Filme und Serien in Deutschland ausgegeben werden, und nicht sonst irgendwo in Europa. Wir brauchen dazu eine klare Antwort“, forderte der Manager. Denn nur, wenn die Selbstverpflichtung für Deutschland gelte, würden Arbeitsplätze und technische Ressourcen an deutschen Produktionsorten wie Berlin, München oder Köln gesichert.

Die Chefin der Produktionsallianz, hält nichts von einer Selbstverpflichtung. „Es bringt nichts, großen Playern wie Amazon und Netflix zu sagen: Macht, was ihr wollt. Wir brauchen eine Planung, die über die nächsten Legislaturperioden hinausgeht“, sagte Müntefering. Ihr schwebt eine Planung vor, die sich auf einen Zeithorizont von zwanzig Jahren erstreckt. Andernfalls müsse bei jedem Regierungswechsel neu verhandelt werden. „Für eine Branche, die so lange im Voraus plant, wäre keine Verlässlichkeit gegeben. Mit einem Gesetz dagegen würden wir deutlich besser fahren, doch aktuell diskutieren wir im luftleeren Raum“, sagte Müntefering.

Auch Oliver Koppert, Director Sales des Constantin Film Verleih, wünscht sich mehr Planungssicherheit, also verlässliche finanzielle Mittel. „Mit einem Leiterwagen können wir kein Rennen fahren“, sagte der Constantin-Manager. „Die Politik muss die Rahmenbedingungen setzen.“ Etwas anders sieht das die Geschäftsführung des Anbieters Sky Deutschland. Martin Rupp, Head of Regulatory Affairs & Public Policy, wandte sich gegen eine strenge gesetzliche Vorgabe: „Eine gesetzliche Investitionsverpflichtung ist nicht der richtige Weg.“ Er wies stattdessen auf bereits verbesserte Bedingungen hin, wie beispielsweise das Filmfördergesetz, das in seiner aktuellen Form für die nächsten fünf Jahre gelte, sowie die Erhöhung der Fördertöpfe um 250 Millionen Euro. Hilscher merkte jedoch an, dass die Gelder noch nicht freigegeben seien.

Gegenstand der Diskussion war auch das Steueranreizmodell, das in der Branche viele Fürsprecher hat. Im Ausland kommen entsprechende Regelungen bereits seit mehreren Jahren zur Anwendung. Dabei wird ein fester Prozentsatz der Gelder, die im Land von Filmproduktionen ausgegeben werden, wieder zurückerstattet. Solche Steueranreizmodelle führten in den vergangenen zwei bis drei Jahren zu einer regelrechten Produktionsflucht. „Deutschland ist nicht mehr wettbewerbsfähig“, warnte Müntefering. Dreharbeiten wanderten ins Ausland ab und fänden dann beispielsweise nicht in den Studios in Babelsberg oder in Geiselgasteig statt. Hilscher äußerte die Sorge, dass ohne die Einführung eines solchen Tax-Incentive-Programms noch mehr Produktionen ins Ausland abwandern könnten, was die Lage vieler Marktteilnehmer:innen weiter verschlechtern würde. So befinden sich die Bavaria Studios in herausfordernden Zeiten, obwohl sich das Unternehmen mit den Bereichen Fiction, Non-Fiction, Werbung und nun auch Corporated Branded Entertainment bereits breiter aufgestellt hat. Aktuell, so erklärte Hilscher, suche er für die Bavaria Studios „nach einem Investor, der bereit ist, sich an unserem Studiobetrieb zu beteiligen“.